Wann ist ein Turmfalke hilfsbedürftig?
Aufzucht
Unterstützung mit Nistkästen
Turmfalken gehören zu den Kleinfalken und sind als Gebäudebrüter vielerorts bekannt. Als Brutplatz werden gerne Kirchtürme, Gebäudenischen, alte Bauwerke und Bauernhöfe genutzt, auch nehmen sie gerne angebotene Nistkästen an. Da Turmfalken sehr nahe in menschlichen Siedlungen brüten, kommt es häufiger vor, dass diese auch hilfsbedürftig gefunden werden.
Ist der Falke wirklich verlassen?
Es sollte genau beobachtet werden, ob ein Jungtier in einer Fundsituation wirklich hilfsbedürftig ist, indem es nicht mehr von den Elterntieren versorgt wird. Verletzten Tieren muss natürlich immer so schnell wie möglich tierärztlich geholfen werden. Ein aufgefundener Turmfalke (dies gilt auch für andere Greifvögel), der Kot absetzt, also der dunkle, festere Bestandteil der Ausscheidungen, hat vor nicht allzu langer Zeit noch Nahrung zu sich genommen. Ein ausgehungertes Tier dagegen setzt fast keinen Kot mehr ab, meist dann nur noch grünlich schmierige Fleckchen (Hungerkot). Diese Tiere brauchen daher auf jeden Fall Hilfe. Eine weitere Möglichkeit, eine Nahrungsaufnahme vor kurzer Zeit festzustellen, wäre das Abtasten des Kropfes am Hals. Greifvögel besitzen einen sogenannten Kropf, eine Aussackung neben bzw. vor der Speiseröhre, worin zuerst aufgenommene Nahrung deponiert wird. Ist der Kropf gefüllt, hat die letzte Futteraufnahme erst vor sehr kurzer Zeit stattgefunden. Der Jungvogel ist nicht verlassen und sollte zur Sicherheit erhöht (vor allem zum Schutz vor streunenden Katzen) zurückgesetzt am Fundort verbleiben.
Wurde ein (junger) unverletzter Falke gefunden? Zurücksetzen ist häufig die beste Lösung
In einem Fundbeispiel hier wurde ein Turmfalkennestling in unsere Station eingeliefert. Mit zierlichen 70 g Körpergewicht und einem empfindlichen Nestlingskleid (vor Regen und Kälte nicht schützend) wurde der Kleine gebracht. Das Turmfalkenjungtier litt bereits an Unterkühlung und zitterte sichtlich. Mit entsprechender Wärmezufuhr und etwas Futtergaben kam sehr schnell wieder Leben in das Fälkchen. Bei der Nachfrage nach dem Fundort, direkt an einer Kirche, hofften wir nun, den kleinen Turmfalken wieder zurück zur Familie bringen zu können. Der Pfarrer der Kirche half am nächsten Tag, das Küken zu den Geschwistern von innen her in die Nische zurückzusetzen. Hier konnten wir schnell und richtig helfen.
Doch das Zurücksetzen von Turmfalkenjungtieren (auch bei Wanderfalken und anderen Greifvögeln) sollte immer Spezialisten wie Beringern, Falknern oder Greifvogelstationen überlassen werden. Besonders gefährlich ist das Zurücksetzen eines Tieres, wenn dieses schon fast flügge ist (teils flugfähig). Denn bei einem Eingriff am Brutplatz durch den Menschen kommt es zu einer erheblichen Störung. Die größte Gefahr besteht darin, dass Geschwistertiere aufgeschreckt werden und den Brutplatz Hals über Kopf verlassen und möglicherweise auch abstürzen. Die ganze Situation wäre nun um ein Vielfaches verschlimmert.
Trotz dieser Gefahren versuchen wir, die Jungtiere nach eingehendem Gesundheitscheck an den Fundort zu bringen, da die Aufzucht durch Elterntiere immer der menschlichen Aufzucht vorzuziehen ist und bessere Überlebenschancen mit sich bringt. Der menschliche Geruch spielt dabei keine Rolle und die Tiere werden wieder angenommen.
Das Zurücksetzen an den Brutplatz gilt auch für junge Wanderfalken, da diese Vögel bei uns im urbanen Raum überwiegend als Gebäudebrüter anzutreffen sind. Zwar kann ein Finder in der Regel hohe Gebäude (z. B. Wassertürme, Fernsehtürme, Kraftwerke, Kirchen) nicht selber erreichen – soll er auch nicht – aber Spezialisten können dies umso besser. Recht häufig werden Wanderfalken im Alter von ungefähr drei Wochen mit speziellen Erkennungsringen an den Beinen versehen.
Junge Wanderfalken
Jedes Jahr können wir junge eingelieferte Wanderfalken (alles Bodenlandungen) wieder an den Fundort zurückbringen. Besonders fatal ist es, wenn junge Falken über Dritte eingeliefert werden und der Fundort nicht notiert wurde. Wanderfalken sind hochspezialisierte Greifvögel, die zwingend die Führungszeit der Altvögel benötigen, denn sie werden in intensiver Lernphase geschult, wie sie Beute in der Luft erbeuten können. Dieses Training kann durch Menschenhand niemals so durchgeführt werden, wie es die Elterntiere können. Das Training zum Beutemachen ist aber überlebenswichtig.
Wir verhauben die Falken bei jeder Rücksetzung, damit sie keinen Stress haben, bis wir oben im Kirchturm sind.
Ein weiterer Fall einer erfolgreichen Zurückführung eines Turmfalkenjungtieres
Im Sommer wurde ein recht weit entwickelter Turmfalke am Fuße eines Wohnhauses aufgefunden – eine fast schon typische Auffundsituation. Die Brutnische in ca. fünf Meter Höhe war dem Hauseigentümer bekannt. Doch viele Leute sind sich unsicher, wie sie sich richtig verhalten sollen, und melden sich dann bei uns. Erstaunlicherweise verletzen sich Jungvögel äußerst selten bei Abstürzen aus mehreren Metern Höhe. Durch ihr geringes Eigengewicht scheint es hier recht selten Probleme zu geben.
Zum Glück konnten wir die Fundsituation vor Ort ansehen und wir entschlossen uns sofort, den unverletzten, fauchenden Falken wieder zurückzusetzen. Nach kurzer Beratung vor Ort wird nun für die kommenden Jahre noch ein kleines "Absprungbrett" angebracht. Dies kann weitere Abstürze in Zukunft mindern.
Ein ruhiger Umgang ist wichtig
Jeglicher Umgang mit Greifvögeln bedarf einer ruhigen Hand. Greifvögel besitzen einen extrem guten Sehsinn und fixieren all unsere Bewegungen ganz genau. Bei hektischen Bewegungen können wir die Tiere schnell verängstigen.
Die Unterbringung eines aufgefundenen Turmfalken in einer fremden Turmfalkenfamilie ist ebenfalls möglich. Hier sollte eine Adoption nur vorgenommen werden, wenn das Alter der Geschwister passt und genug Nahrung vorhanden ist.
Die künstliche Aufzucht durch Menschenhand
Ist die künstliche Aufzucht durch uns Menschen unausweichlich, so sollte auch hier unbedingt bedacht werden, dass ein junger Falke immer besser bei weiteren Falken der gleichen Art aufgehoben ist. Die Einzelaufzucht sollte wenn möglich immer vermieden werden, um Fehlprägungen auf den Menschen zu verhindern. Jeder Finder sollte so vernünftig sein und nicht selber experimentieren und den Vogel in professionelle Hände abgeben. Man sollte niemals vergessen – Greifvögel sind lebende Wesen und vor allem wilde Tiere, kein Spielzeug.
Entsprechende Greifvogel-Pflegestationen sollten hier kontaktiert werden. Insbesondere im Juni und Juli sind viele Greifvogel-Auffangstationen schon reichlich mit Turmfalkenjungtieren "bestückt". Einige Stationen halten sogar sogenannte Ammentiere, die einer Aufzucht durch Elterntiere am nächsten kommt.
Die Haltung von Greifvögeln ist zudem nicht jedermann erlaubt, da man sach- und fachkundig sein muss und entsprechende Genehmigungen benötigt. Nur mit Füttern ist es bei einer Aufzucht nicht getan! Es gibt viele Fehlerquellen, die bei der Aufzucht von Greifvögeln entstehen können und einige davon sind irreversibel (unumkehrbar).
Das Halten von Turmfalken in Papageienkäfigen oder komplett verdrahteten Volieren ist nicht zulässig und Tierquälerei. Da Falken zu den Stoßfliegern gehören, sind Verletzungen und Gefiederschäden vorprogrammiert, wenn diese das Fliegen erlernen. Auch wenn der Draht gut sichtbar für die Tiere ist, hält es die Vögel nicht davon ab, dagegen zu fliegen. Beim Festhalten und Abstützen werden wichtige Federpartien schnell zerstört.
Ein Falke mit abgebrochenen Flügel- und Schwanzfedern kann nicht freigelassen werden, da er nicht mehr wendig fliegen und somit nicht mehr jagen kann. Die Unterbringung in Kellerräumen und Garagen (wie uns schon mehrfach telefonisch mitgeteilt wurde) stellt ebenfalls keine gute Alternative dar. Zwar kommt es in solchen Räumlichkeiten meist nicht zu Gefiederschäden, aber die Vögel bekommen kein Sonnenlicht ab und sind völlig abgeschirmt von der Natur und Witterungseinflüssen.
Nicht geeignete Futtermittel für Jungfalken
Die Aufzucht mit schierem Fleisch oder ausschließlich mit Eintagsküken ist unzureichend, da solche Futtermittel nicht alle Nährstoffe (wie z. B. Vitamine und Calcium) in benötigter Menge liefern. Wird ein Vogel falsch (mit Katzen-/Hundefutter) oder unzureichend in der Wachstumszeit versorgt, kann es zu irreversiblen Schäden kommen. Es kann zu rachitischen Verformungen der Gliedmaßen oder des Schnabels kommen, sowie zu Gefiederschäden in Form von Mangelstreifen und brüchigen Federkielen.
Mangelstreifen oder Grimale sind ein ernstzunehmendes Problem, denn hier ist die Feder instabil und kann vorzeitig abbrechen. Meist brechen diese schon in den ersten Lebensmonaten bei einfachster Belastung ab. Dies würde dem Falken das Leben kosten, da er nicht mehr richtig fliegen und somit jagen kann. Das Tier würde einen qualvollen Hungertod erleiden.
Bei der künstlichen Aufzucht ist auf mehrere Dinge zu achten:
- Der Jungvogel sollte den Futtergeber Mensch nicht sehen können, da er sonst lernt, dass der Mensch ihm Futter bringt (Fehlprägung).
- Der Vogel sollte möglichst mit Artgenossen aufgezogen werden (Greifvogelstationen kontaktieren).
- Der Falke muss so untergebracht werden, dass es zu keinen Gefiederschäden kommen kann.
- Der Falke muss mit arttypischem Futter versorgt werden, d. h. mit Mäusen oder anderen vergleichbaren Nagern. Eine Prägung auf gelbe Eintagsküken ist nicht zielführend, da die Jungtiere in der Natur dieses Futter nicht finden werden.
- Es muss die Geschicklichkeit zum Mäusejagen trainiert werden, hierzu gehört auch der Rüttelflug.
- Er muss Flugmuskulatur aufbauen, am besten mittels Wildflugmethode ausgewildert werden.
- Das Halten in Kellerräumen oder gar Wohnungen ist nicht zulässig, die Vögel müssen viele Reize der Umwelt wahrnehmen, um später überleben zu können! Die Bettelflugphase muss draußen stattfinden.
Die Fütterung
Sobald der Turmfalke sicher auf den Beinen steht, kann dieser aufgeschnittene, teils komplette Mäuse selbstständig fressen. Das Füttern von der Pinzette ist nicht mehr notwendig und sollte auch langsam eingestellt werden.
Es ist zu beachten, dass nur so wenig wie nötig Kontakt zum heranwachsenden, wilden Falken aufgenommen werden sollte. Eine Fehlprägung auf den Menschen muss unbedingt vermieden werden. Man kann die Futtergaben zweimal täglich minimieren, ein Falke muss nicht alle zwei Stunden gefüttert werden, dies wäre sogar schädlich und kann Verdauungsprobleme mit sich bringen. Frischgeschlüpfte Turmfalken gehören nicht in Laienhände, hier muss auf einiges mehr geachtet werden.
Turmfalken sind im Alter von zwei Monaten bereits flügge und müssen dann ihre Jagdtauglichkeiten erlernen. Die Freilassung erfolgt in einem geeigneten Lebensraum oder bei der jeweiligen Pflegestation. Das "langsame Auswildern" ist hierbei vorzuziehen, damit der Falke zurückkehren kann, was er auch ausgiebig nutzt.
Das "Aussetzen" in einem völlig neuen Lebensraum ohne menschliche Zufütterung und Hilfe kann dem Vogel unter Umständen das Leben kosten. Hält man Jungtiere aber zu lange abgeschottet von der Außenwelt, sind sie meistens bei der Freilassung mit allen Reizen der Umwelt überfordert und fliegen Hals über Kopf, ohne eigentlich wildbahnfähig zu sein, fort. Das Vorhandensein von Flugfähigkeit ist kein Indiz dafür, dass das Jungtier auch in der Natur überleben kann.
Was können Sie noch tun?
Man kann dem Turmfalken vielerorts sehr gut helfen, indem ihm Brutplätze geschaffen werden. Da der Turmfalke auch gerne Nistkästen annimmt, wäre hier eine Unterstützung einfach durchzuführen. Bitte beachten Sie bei der Installation eines Nistkastens, dass diese bis spätestens Ende Dezember geschehen sollte und nicht erst im Frühjahr.
Es sollte als Material vorzugsweise Siebdruckplattenholz verwendet werden.
Wichtig bei der Installation von Nisthilfen
Es sollte an jedem Nistkasten ein kleines "Sprungbrett" an der Einflugöffnung vorhanden sein. Im folgenden Bild kann man sehen, dass dieses sehr wichtig ist für die jungen Falken. Es müsste dennoch größer sein als im vorgestellten Foto. Denn in dieser Brut waren vier Jungtiere vorzufinden – zu wenig Platz für alle und die Altvögel, welche mit Futter angeflogen kommen. Ein Jungtier ist dennoch abgestürzt und ganz unten auf dem Asphalt gelandet, und das nur, weil kein ausreichend großes Brett vorhanden war.
Ein sehr schöner Nistkasten wird im nächsten Bild gezeigt, da er schön groß ist und genug Platz für alle ist. Es schlüpften fünf Junge.
Hier finden Sie eine Anleitung zum Bau eines Wanderfalkennistkastens.
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