Tuberkulose

Tuberkulose (Mycobakteriose) kommt bei Wildvögeln regelmäßig vor. Sie kann zum Beispiel durch erkrankte Beutetiere oral übertragen werden. Ein geschwächtes Immunsystem kann diese Infektionskrankheit begünstigen. Diese Erkrankung zeigt sich in der Regel als schleichender Prozess und endet später tödlich.

Tuberkulose ist meldepflichtig

Es kam schon mehrfach die Diskussion auf, ob es sich um eine meldepflichtige Erkrankung handelt. Auf Nachfrage beim örtlichen Veterinäramt bekamen wir die Auskunft, dass es sich um eine meldepflichte Erkrankung handelt. Im Falle eines Tuberkulose-Nachweis (am besten durch Pathologie bestätigt) muss das für den Fundort zuständige Veterinäramt informiert werden. Das staatliche Veterinäruntersuchungsamt in Krefeld informiert bei einem Nachweis dieser Erkrankung automatisch die Behörde.

Vorwort

Meist werden stark abgemagerte Patienten eingeliefert, die zu schwach zum Fliegen sind. Wichtig ist, dass jeder eingelieferte Patient zuerst in die Quarantänestation kommt und genau beobachtet/untersucht wird. Insbesondere bei ausgewachsenen Greifvögeln und Eulen, die sich sicher selbstständig in freier Wildbahn ernähren können, muss genau untersucht werden, warum diese abgemagert sind. Dazu gehören Kot- und Blutuntersuchung, Röntgenbilder, Abstriche, bakteriologische Untersuchungen usw..

Patienten mit Tuberkulose / Symptome

Patient Waldkauz

Wir haben im Sommer 2011 einen wenige Monate alten, massiv abgemagerten Waldkauz eingeliefert bekommen. Der Kauz wollte freiwillig kein Futter zu sich nehmen, obwohl er eigentlich sehr hungrig hätte sein müssen. Eine Zwangsernährung ist kaum sinnvoll, da es immer einen Grund gibt, warum der Vogel das Futter verweigert. Anstatt das Tier zum Fressen zu zwingen, sollten Infusionen vom Tierarzt gegeben werden und schnellst möglichst eine eingehende Diagnostik begonnen werden. In diesem Fall wurde uns der Waldkauz mit der Erklärung eingeliefert, dass er das eingegebene Futter erbrechen würde. Leider war der Patient schon zu schwach, um diagnostische Maßnahmen durchzuführen. Der Patient verstarb innerhalb kürzester Zeit. Die pathologische Untersuchung in der Universität für Tierpathologie Berlin ergab massive Veränderungen in der Leber, die durch Mycobakterien verursacht wurden.

Patient Turmfalke

Des Weiteren wurde uns im selben Jahr im Oktober ein circa einjähriger Turmfalke eingeliefert. Vollkommen schwach und abgemagert nahm er aber noch Futter zu sich.

Turmfalke mit Tuberkulose
Turmfalke mit Tuberkulose

Doch beim Fressverhalten fiel sehr schnell auf, dass etwas nicht in Ordnung war. Der Heißhunger auf angebotenes Futter hielt nur kurze Zeit an und war nicht so ausgeprägt, wie es normalerweise bei ausgehungerten Tieren hätte seien sollen. Er fraß zurückhaltend und schleuderte teilweise kleine Bissen von der Futterstelle weg. Der Falke nahm innerhalb der ersten Tage nur unwesentlich an Gewicht zu, was durchaus ein Indiz für eine Tuberkuloseerkrankung sein kann. Die Kotprobe des Tieres wurde auf verschiedene Erreger (Bakterien und Parasiten) untersucht, ergab jedoch keinen Befund. Das Tier saß nicht gerade auf der Stange und schonte ein Bein vermehrt. Lahmheiten können bei dieser Erkrankung beobachtet werden.

Im nächsten Schritt wurde der Patient geröntgt:

Knochenmarks-Veränderungen in beiden Beinen

 

Bei diesem Tier erhärtete sich der Verdacht einer Tuberkulose-Infektion sofort als wir das Röntgenbild der Beine sahen. Die wolkige Struktur im Knochen ist dabei typisch, kommt aber nicht zwangsläufig bei jedem Tier mit Tuberkulose vor. Die beiden Oberarmknochen sahen ähnlich verändert aus.

Die pathologische Untersuchung zeigte bei diesem Turmfalken dann das Vollbild der Tuberkulose in den inneren Organen. Die Leber war mit stecknadelkopfgroßen Veränderungen gekennzeichnet und durchsetzt, der Muskelmagen wies granulomartige Veränderungen an der Oberfläche auf und der Enddarmbereich war ebenfalls bereits befallen. Zudem wurden Veränderungen an der inneren Brustwand festgestellt.

Patient Mäusebussard:

Im November kam noch ein 3. Fall für das gleiche Jahr, nämlich ein Mäusebussard. Dieser wurde geschwächt aufgefunden und zeigte Atembeschwerden und kein normales Fressverhalten. Die Röntgenbilder zeigten massive Vergrößerung des Leberschattens. Die pathologische Untersuchung schaffte später Klarheit. Der Vogel litt unter einer Leberasperillose und gleichzeitig unter einer Tuberkuloseinfektion.

Die Tuberkulose kann ihre Veränderungen auch in Lunge, Haut oder Muskeln zeigen. Die Hautform der Erkrankung tritt laut Literatur nicht sehr häufig auf und konnte bisher nicht bei Wildvögeln in unserer Station beobachtet oder nachgewiesen werden.

Patient Mäusebussard:

Im Oktober 2012 wurde uns ein stark geschwächter Mäusebussard von der Feuerwehr eingeliefert.

Patient in der Tierarztpraxis

Der Vogel war massivst abgemagert und litt unter einer starken Parasitose (Haarwurm- und Spulwurmbefall). Nach Infusionsgaben, Wärmezufuhr, Futtergaben und eingehender Wurmkur erholte sich der Bussard zusehens. Es handelte sich um einen weiblichen Mäusebussard, welcher ein Einlieferungsgewicht von nur noch 650g aufwies. Durch entsprechende Futtergaben konnte der Vogel wieder 350g zunehmen! Doch sein Zustand wurde nur künstlich verbessert, indem er genug Futter bekam und keine Würmer mehr hatte. Dennoch war er schwer krank. Hierbei besteht vor allem die Gefahr, dass die Einschätzung eines scheinbar gesunden Vogels völlig falsch sein kann. Es ist sozusagen normal, dass ein kranker Vogel mit ausreichendem Futterangebot aufblüht und vorerst gesund erscheint. „Nur geschwächte“ Mäusebussarde, wie man es häufiger zu hören bekommt, gibt es in dem Sinne nicht. Es muss immer hinterfragt werden, warum der Zustand bei dem Patienten eingetreten ist. Bei diesem Vogel handelte es sich um einen mind. zwei Jahre alten Mäusebussard.

Doch sein Zustand wurde nur künstlich verbessert, indem er genug Futter bekam und keine Würmer mehr hatte

Auch bei diesem Vogel fiel auf, dass er beim Fressen kleine Futterstückchen in der Box verteilte. Dies war Anlass für uns, über eine Tuberkuloseinfektion nachzudenken. Zusätzlich fiel auf, dass der Bussard beim Handling eine schnellere Atemfrequenz zeigte, als ein gesunder Bussard. Dennoch wäre diese Beobachtung für einen Laien nicht einzuschätzen gewesen, da ein Vogel ohnehin in Aufregung schneller atmet. Eine Röntgenuntersuchung und anschließende Endoskopie bestätigten den schlimmen Verdacht. Das Tier litt an einer TBC Infektion bereits im Endstadium. Er wurde umgehend euthanasiert.

Patient Turmfalke:

Im Oktober 2014 wurde ein adulter (K2) Turmfalke von der Straße aufgenommen. Der Vogel lief geschwächt auf die Straße und konnte vor dem Straßenverkehr gerade noch gerettet werden. Auch dieser Vogel war massivst abgemagert, was um diese Jahreszeit eigentlich nicht aufgrund Nahrungsmangel möglich sein kann. Da aber auch keinerlei Verletzungen festzustellen waren, kam eine internistische Problematik sehr schnell in den Vordergrund. Auffällig war die erhöhte Atemfrequenz und dass der Vogel keinen Heißhunger auf das angebotene Futtter hatte. Eine Röntgendiagnostik wurde zügigst eingeleitet, da ich schon den Verdacht dieser Erkrankung hatte. Dabei war das Vollbild der befürchteten Krankheit gut zu sehen, denn es waren Knochenveränderungen zu sehen, sowie Lungen- und Luftsackverdichtungen. Die Leber war ebenfalls klassisch vergrößert. Das Tier wurde beim Tierarzt umgehend euthanasiert.

Einlieferungsmonate? Zufall?

Was mir nun schon mehrfach aufgefallen ist, dass es eine Anhäufung der eingelieferten TBC-Fälle im Herbst/Winter gibt. Evtl. hängt dies mit den Witterungseinflüssen zusammen, das erkrankte Tiere jetzt spätestens im Endstadium angelangt sind. Häufig ist ein auffallender Parasitenbefall zu beobachten, sowie eine verminderte Futteraufnahme mit gleichzeitiger Abmagerung.

Unser Fazit: Da bei uns regelmäßig nachgewiesene Tuberkulose-Fälle in die Station eingeliefert werden, gehen wir davon aus, dass dies auch bei anderen Stationen der Fall sein wird. Diese Erkrankung ist ernstzunehmend und immer wieder ein Hinweis, dass neu eingelieferte Tiere in eine Quarantäne-Station kommen müssen und niemals sofort in eine Voliere gesetzt werden dürfen! Inbesondere bei unklarer Genese einer Abmagerung/Apathie sollten unbedingt Einmalhandschuhe vom Betreuer angezogen werden. Falknereien sollten ein gesonderten Bereich für Wildvögel einrichten mit spezieller Desinfektionsschleuse.

Tuberkulose (TBC) ist nicht heilbar

Vögel mit der Diagnose Tuberkulose sollten ausnahmslos euthanasiert werden!

Achtung Ansteckungsgefahr für andere Vögel

Da die Tuberkulose-Erreger mit dem Kot auch ausgeschieden werden und jahrelang infektiös bleiben, muss besonders auf die Hygiene geachtet werden, um zu verhindern, dass andere Vögel angesteckt werden. Alle eingelieferten Tiere kommen daher bei uns zuerst in die Quarantäne. Wir weisen darauf hin, dass es immer ein deutliches Risiko bedeutet, eine Falknerei mit zusätzlicher Pflegestation für Wildvögel zu kombinieren. Die Gefährdung der falknerisch gehaltenen Greifvögel bzw. Zuchttiere ist durch die Wildvögel recht hoch, da die Erreger von Voliere zu Voliere beispielsweise durch menschliches Schuhwerk verteilt werden können.

Aufgrund einer bestehenden Zoonosegefahr, sollte jeder Tuberkulosepatient euthanasiert werden. Eine erhöhte Infektionsgefahr für Menschen besteht aber in der Regel nur nach Exposition mit hohen Keimzahlen, sowie bei immungeschwächten Personen (Gerlach 1988).

Pathologische Untersuchungen

In der pathologischen Untersuchung wird das Mycobakterium mit einer speziellen, sogenannten Ziehl-Neelsen-Färbung nachgewiesen. Es handelt sich bei den Erregern um grampositive, säurefeste Stäbchen

Das Vollbild einer tuberkulös veränderten Leber eines Mäusebussardes. Hochgradige granulomatöse Hepatitis

 

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