Um welche Erkrankung handelt es sich bei Bumble Foot?
Beim Bumble Foot, auch Pododermatitis genannt, handelt es sich um eine meist bakterielle Infektion und entzündliche Reaktion an den Füßen (Fußballen) der Vögel. In der Vorstufe kann man zunächst Verdickungen an der Unterseite des Fanges beobachten. Im Endstadium dieser Erkrankung kann das Fußgelenk inklusive Bänder und Sehnen nachhaltig geschädigt werden.
Da die Füße der Greifvögel und Eulen einen besonders wichtigen Teil in ihrem Leben ausmachen (das Beute ergreifen und töten), sind Verletzungen oder Veränderungen an diesen als besonders schwerwiegend anzusehen.
Es gibt viele verschiedene Ursachen für die Entstehung eines Bumble Foots bei einem Greifvogel. Sehr selten wird diese Erkrankung bei Eulen beobachtet. Ursächlich handelt es sich um Haltungsfehler oder um Verletzungen. Daraus resultiert eine Fehlbelastung oder auch Überlastung eines oder beider Füße.
Da wir nur mit Greifvögeln aus freier Wildbahn arbeiten, können wir zu diesem Thema nur recht wenige Erfahrungen (im Gegensatz zu Beizvögeln) vorbringen.
Doch der Bumble Foot kann auch bei Greifvögeln in freier Wildbahn vorkommen.
Verletzungen als Ursache
Wir dokumentierten solch einen Fall bei einem aufgefundenen Turmfalken:
Er wies an einem Fuß einen deutlichen Bumble Foot auf.
Bei einem einseitigen Bumble Foot lässt sich häufig das eigentliche Problem am anderen Bein suchen. Und so war es auch bei diesem Patienten. Es wurde ein Röntgenbild angefertigt und die Ursache sofort entdeckt.
Hier konnten wir auf dem Röntgenbild des anderen Beines eine schon ältere Oberschenkelfraktur erkennen. Es handelte sich bei der Fraktur um keine frische Verletzung, das Bein war bereits stark verkürzt und konnte nicht mehr maximal gestreckt werden. Auch die Fangkralle zeigte schon eine Fehlstellung und wuchs schief weiter. Dass der Falke so lange draußen überleben konnte, grenzte schon fast an ein Wunder. Durch die Überbelastung des gesunden Beines kam es dann folglich zum einseitigen Bumble Foot. Da dem Falken aufgrund der alten Verletzung chirurgisch nicht mehr geholfen werden konnte, musste dieser aus Tierschutzgründen erlöst werden.
Amputationsverletzungen
Diese kommen nur selten vor, müssen aber ebenso erwähnt werden. Es gibt verschiedene Gründe, wie es zu Amputationsverletzungen eines Fußes kommen kann und der Patient trotz dieses Traumas überlebt hat.
Doch was geschieht mit solch einem Vogel? Manche Tierschützer erinnern sich, dass doch auch Stadttauben, Rabenvögel oder Singvögel bisweilen mit einem Fuß überleben können. Doch bei Greifvögeln ist dies nicht der Fall. Sie haben Probleme beim Landen und Starten, können sich kaum selbst in der Natur ernähren, da beide Füße benötigt werden zur Jagd auf Beutetiere. Ein Greifvogel wäre somit nicht mehr wildbahnfähig, daher muss er aus Tierschutzgründen eingeschläfert werden.
Wer glaubt, dem Vogel einen Gefallen zu tun, weil er in Gefangenschaft seinem natürlichen Überlebenstrieb der Nahrungsaufnahme nachgeht, irrt sich gewaltig. Solch einen Vogel kann man natürlich mit Futtergaben am Leben halten, wobei dies schon eine Quälerei für den Wildvogel bedeutet, da die meisten Greifvogelarten mit ihren Füßen auch das Stück Fleisch festhalten und Stücke davon abbeißen. Dem Bedürfnis kann man natürlich noch weiter vorbeugen, indem man dem Greifvogel jeden Tag kleine Häppchen reicht und er sie nur noch abschlucken muss. Die Folge von der Gabe von kleinen Häppchen über unbestimmte Zeit bedeutet ein übermäßiges Wachstum des Schnabels. Schnabelfissuren und gar Frakturen werden entstehen, wenn nicht regelmäßige professionelle Schnabelkorrekturen durchgeführt werden (dies bedeutet puren Stress für den Vogel). Doch anatomisch ist ein Greifvogel nicht so gebaut, dass er sein Körpergewicht auf einem Bein trägt. Das gesunde Bein wird dauerhaft überbelastet, das stellt ja schon bei Beinfrakturen ein großes Problem dar. Fehlt aber ein Fuß komplett, wird der Vogel über kurz oder lang einen Bumble Foot am gesunden Fuß bekommen. Dieser kann nicht behandelt werden, sondern wird ein unaufhaltsamer Prozess werden. Und dieser Prozess endet in weiterer Tierquälerei und vor allem mit der Euthanasie. Da man dies aber alles schon vorher weiß, bzw. wir es hiermit auch an Menschen mitteilen möchten, dass es so verlaufen wird, möchten wir hier an die Vernunft appellieren. Wir haben hier Greifvögel als Patienten, die hochspezialisiert sind. Zu den Spezialisierungen gehören nun mal auch die Füße. Einen Greifvogel mit einem Fuß am Leben zu erhalten, wäre Tierquälerei.
Ungünstige Haltungsbedingungen
Bevor dieser junge Steinkauz zu uns kam, wurde er bereits ein paar Wochen in einem Verschlag gehalten, wo es nur eine Sitzmöglichkeit auf einer glatten Lampe gab. Da Vögel gerne weit oben sitzen, wählte der Vogel immer diesen Platz als Ruheplatz. Nachdem die Haltungsbedingungen wieder normalisiert wurden, verschwanden die Druckstellen unter den Füßen.
Es ist auch zu beachten, dass hochgradig überfettete und daher meist inaktive Tiere einen Bumble Foot in der Voliere entwickeln können. Die Ursachen sind somit für den Bumble Foot nicht pauschal zu benennen, sondern sehr individuell.
Pockeninfektion
Ein weiterer Grund, welcher zum Bumble Foot beim Greifvogel einseitig oder beidseitig führen kann, könnte eine Pockeninfektion sein.
Bei der Pockeninfektion kann es bei Greifvögeln bisweilen zu Hautveränderungen an den Füßen und Zehengliedern kommen. Dabei kann es zum Beispiel zu Sekundärinfektionen mit anderen Keimen kommen. Massive Entzündungen eines Fußes oder beider Füße können einen Bumble Foot entstehen lassen. Wir konnten dies bei einem Habicht von einem Falkner schon in der Tierarztpraxis beobachten und bei einem Mäusebussard aus einer anderen Wildvogelpflegestation.
Nach einer Operation
Zuletzt ist der Bumble Foot noch ein Thema, wenn ein Greifvogel an einem Bein operiert wurde. Ob nach einer Fraktur oder nach einem anderen operativen Eingriff, ist damit zu rechnen, dass der Greifvogel seine schmerzende Gliedmaße vermehrt schont und es dann zu einer Überbelastung des gesunden Beines kommen kann. In solch einem Falle sollte schon vorbeugend ein spezieller Verband am gesunden Fuß angelegt werden, bis der Heilungszeitraum überstanden ist. Hier gilt es also, die Entstehung eines Bumble Foots direkt zu vermeiden, denn die Behandlung solch einer Veränderung birgt viel mehr Komplikationen.
Antibiogramm?
Hat dennoch ein bereits bestehender Bumble Foot eine reale Chance, geheilt zu werden, sollten bakteriologische Untersuchungen (mittels Abstrich) vor Beginn der Antibiotikagabe eingeleitet werden, um den Keim genau differenzieren zu können.
Wir ließen z. B. solch eine Untersuchung im Fremdlabor durchführen, nachdem wir einen Abstrich am Krallenbett gemacht hatten (die einzige Stelle, die etwas nässte). Das Ergebnis laut Labor: Escherichia coli massenhaft und Staphylococcus aureus massenhaft. Dabei ist zu erwähnen, dass Staphylococcus recht häufig bei diesem Erkrankungsbild nachgewiesen wird.
Ein Antibiogramm sollte zu Beginn einer Behandlung eingeleitet werden, da es jederzeit Resistenzen geben kann. Die richtige Wahl des Antibiotikums ist bei der Behandlung eines Bumble Foots überlebenswichtig für den Patienten. In unserem Fall wurde beim Antibiogramm auf 26 Wirkstoffe getestet, davon wirkten aber nur 9 Antibiotika bei beiden Keimen gleichzeitig!
Den Verband vor dem "Abnagen" schützen
Leider akzeptiert nicht jeder Greifvogel so ohne Weiteres den Verband an seinem Fuß oder Füßen. Auch wenn die Tiere verhaubt gehalten werden, können diese sich tagsüber ganz in Ruhe den Verband zerstören. Hier ist etwas Flexibilität gefragt und eine gute Idee.
In der Falkenklinik Abu Dhabi konnte ich bei mehreren Falken diese spezielle Falkenhaube sehen. Solch eine kleine Veränderung an der Haube kann eigentlich jeder Falkner schnell selber vornehmen und braucht keine Angst mehr zu haben, dass der Greifvogel sich den Verband vorzeitig entledigt.
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