Augenverletzungen bei Greifvögeln und Eulen kommen regelmäßig vor!
Besonders häufig kommen Augenverletzungen bei Greifvögeln vor, die vom Auto erfasst wurden oder gegen eine Fensterfront geflogen sind. Es kann dann zum Beispiel zu Einblutungen in die vordere Augenkammer kommen, retrobulbäre Einblutungen, Linsenluxationen, Sehnerv-Verletzungen, sekundärer Katarakt (Grauer Star durch eine Verletzung entstanden), mature Katarakt (reifer Grauer Star), Hornhautverletzungen oder zu Netzhautablösungen kommen. Auch kann durch eine Gehirnverletzung letztlich eine Blindheit als Folge entstehen.
Alle Augenverletzungen sind absolute Notfälle – denn sie müssen sofort und fachkundig behandelt werden, um überhaupt eine Rettung in Aussicht zu stellen. In der Praxis zeigt sich, dass besonders oft "Nachtgreife", wie Eulen oder Käuzchen, betroffen sind. Aber auch Taggreifvögel können verunfallen. Da alle Greifvögel bei der Jagd auf ihre extrem gute Sehfähigkeit angewiesen sind, ist für sie eine Augenverletzung ein schwerwiegendes Trauma und daher nicht zu unterschätzen!
Vögel besitzen keine klassischen Wimpern wie Säuger, dafür aber kleine Haarfedern an den Lidrändern oder gar keine Federchen.
Spezielle Untersuchung der Hornhaut
Für diese Untersuchung braucht man spezielle Augentropfen (Fluoreszein SE Thilo), welche einen Farbstoff zur Sichtbarmachung von Schäden an der Augenoberfläche beinhalten. Hierbei wird ein Tropfen vorsichtig auf die Hornhaut aufgetropft, der gelbgrüne Farbstoff lagert sich sofort am Defekt für kurze Zeit ein und somit kann eine Veränderung der Hornhaut sichtbar gemacht werden. Unter anderem kann man sehen, ob der Tränennasenkanal durchgängig ist, denn in der Regel kann der gelbgrüne Farbstoff am Nasenloch der gleichen Seite gesehen werden. Dies ist immer ein gutes Zeichen, dass alles durchgängig ist.
Besonders bei Unfalltieren sollten die Augen immer genau untersucht werden. Nicht behandelte Hornhautverletzungen können zur Erblindung oder zu schweren Infektionen des Auges führen. Ein Greifvogel/Eule ist auf seine volle Sehkraft angewiesen, um später wieder erfolgreich jagen zu können.
Hier handelte es sich um einen Zufallsbefund, der Patient wurde mit einem anderen Problem bei uns eingeliefert. Wie es zu solch einer Veränderung der Hornhaut kommen kann, ist uns nicht bekannt.
Perforation
Zum Foto: Der Kauz wurde frisch verunfallt bei uns eingeliefert, die Luftblase war direkt zu sehen, sowie die Blutungen im Auge. Hier ist von einer Perforation auszugehen, die Hornhaut zeigte an einer Stelle eine Verletzung. Die Luftblase wurde innerhalb weniger Tage wieder resorbiert. Es ist zum Glück nicht zu einer Infektion im Auge gekommen. Es kam zum Abriss im unteren Bereich der Regenbogenhaut und zusätzlich entstand ein Katarakt in der Pupille. Das Tier erblindete vollständig auf diesem Auge.
Irisverletzungen
Zum Foto: Dieser Steinkauz wurde am Straßenrand aufgefunden und sein Auge zeigte frische Verletzungen. Im Bereich des Risses der Regenbogenhaut (dort wo die Pupille vergrößert erscheint) konnte die Augenärztin auch eine minimale Perforation der Hornhaut erkennen. Die Regenbogenhaut bzw. der Muskel reguliert die Pupillenweite und somit auch gleichzeitig den Einfall des Lichtes. In der Mitte des Auges befindet sich ein Muskel (Musculus sphincter pupillae), welcher in diesem Fall gerissen ist. Der Muskel kann sich nur noch minimal zur Augenmitte etwas bewegen.
Die Pupille wird für die Zukunft bei diesem Tier recht weit offen stehen. Nach Ausheilung des akuten Traumas kam der Vogel sehr gut zurecht. Er konnte Futter selber finden und sicher in der Voliere fliegen, daher wurde der Kauz am Fundort wieder freigelassen. Insbesondere Steinkäuze kompensieren Augenverletzungen sehr gut.
Erblindung?
Bei diesem Mäusebussard war rein äußerlich keine Verletzung zu erkennen, lediglich an seinem gestörten Verhalten ließ sich eine eingeschränkte Sehfähigkeit vermuten. Bei der Untersuchung durch einen Augenspezialisten mit einem indirekten Ophthalmoskop (zur Darstellung des Augenhintergrundes) zeigte sich dann, dass die Netzhaut komplett abgelöst war.
Mit der Lupe kann das Auge stark vergrößert und noch besser beurteilt werden.
Zum Foto: Besonders tragisch empfanden wir die nachgewiesene Blindheit bei diesem Sperbernestling. Vor ein paar Tagen (Anfang Juni 2012) stürzte dieses Tier mitsamt einem Geschwistertier aus dem Horst. Besorgte Tierschützer brachten den einzelnen Überlebenden schnell in unsere Pflegestation. Das Tier ließ sich normal füttern, dabei fiel die Blindheit erst gar nicht auf, denn es schnappte schon bei leichter Berührung nach den Futterbissen. Erst bei genauem Beobachten hatten wir die schlimme Vermutung und ließen den Vogel von unserer Augenärztin genau untersuchen. Es stellte sich dabei heraus, dass das junge Sperberchen vollständig erblindet war. Vermutlich ist es zu schwerwiegenden Verletzungen bei dem Absturz gekommen, die äußerlich nicht zu erkennen waren. Leider mussten wir uns von diesem jungen Leben trennen, denn ein blinder Vogel ist nicht überlebensfähig.
Bei Taggreifen ist in der Regel so keine Wildbahnfähigkeit mehr erreichbar. Den Vogel lebenslänglich in einer Voliere unterzubringen, ist Tierquälerei und aus ethischen Gründen nicht tragbar. Der Vogel kann seine Sitzstangen nicht anpeilen und verletzt sich bei Bruchlandungen noch weiter.
Eulen dagegen haben andere Gesichts- und Sehfelder als Taggreifvögel. Sie können mit einer einseitigen Sehbehinderung oft gut zurechtkommen. Wissenschaftliche Untersuchungen haben mehrfach ergeben, dass Eulen und Käuze tatsächlich Jagderfolge erzielen, weil sie auch unterstützend mit ihrem Gehör jagen. Eine Beurteilung ist dennoch individuell durchzuführen.
Zum Foto: Dieser Waldkauz wurde am Straßenrand aufgenommen und zeigte eine frische Einblutung in seinem linken Auge. Zusätzlich sah die Pupille stark vergrößert aus. Nach der Resorption des Blutes veränderte sich das Auge bis zum dokumentierten Stadium. Der Vogel flog in der Voliere sicher und gezielt, fand sein Futter und wurde daher am Fundort wieder freigelassen. Bei Waldkäuzen ist ebenso individuell zu entscheiden. Wir hatten auch schon Vögel in der Station, die vollständig auf einer Seite erblindet waren. Sie flogen bei diversen Flugtests immer wieder gegen Wände. Bei solchen Beobachtungen sollte euthanasiert werden. Besteht eine restliche Sehfähigkeit auf dem verletzten Auge, kann es aber schon ganz anders aussehen.
Zum Foto: Dieser adulte Raufußkauz konnte für eine Beringungsaktion von T. Loose gefangen werden. Es konnte eine alte, bereits verheilte Augenverletzung dokumentiert werden. Der Kauz weist einen Katarakt (Grauer Star) auf, welcher höchstwahrscheinlich nach einem Trauma entstanden ist (sekundärer Katarakt). Die Hornhaut scheint ebenfalls vernarbt zu sein. Der Vogel reagierte auf seinem rechten Auge nicht, dennoch scheint er überlebensfähig zu sein. Diese Dokumentation zeigt, dass sehbehinderte Eulen in freier Wildbahn zurechtkommen können. Dies betrifft vor allem Kleineulen.
Mydriasis (Pupillenerweiterung)
Zum Foto: Einen weiteren Fall konnte Frau Doris Siehoff dokumentieren. Dieser Steinkauz wurde adult mit Jungtieren bei einer Beringungsaktion gefangen und zeigte eine deutliche Augenveränderung auf. Hier konnte eine Mydriasis (Pupillenerweiterung) beobachtet werden. Diese Veränderung kann durch die Lähmung (z. B. nach Trauma) des parasympathisch innervierten Musculus sphincter pupillae entstehen. Auch in diesem Fall war das Tier überlebensfähig und befand sich in einem guten Ernährungszustand.
Weitere Informationen finden Sie hier: "Sind einäugige Eulen in der Natur überlebensfähig?" von Doris Siehoff.
Zum Foto: Das junge Sperberweibchen wurde als Unfalltier vom Straßenrand eingeliefert. Sofort fielen die übergroßen Pupillen bei diesem Vogel auf. Trotz Lichteinfalls änderte sich die Situation nicht. Der Vogel zeigte keine Fluchtreaktionen auf Annäherung. Er konnte sein angebotenes Futter nicht selbstständig finden, auch wenn es vor seinen Füßen lag. Nach einigen Tagen wurde der Vogel eingeschläfert, weil er nahezu 90 % blind war und eine Wildbahnfähigkeit nicht mehr zu erreichen gewesen wäre.
Wir vermuten eine Verletzung des Muskels im Auge namens "Musculus sphincter pupillae". Denn dieser Muskel ist für die Verengung der Pupille zuständig. Durch ein Kopftrauma (Hämatom an der Schädeldecke war zu sehen) sind in jedem Fall wichtige Funktionen des Auges ausgefallen.
Junge Waldkäuze mit trüben Augen...
...sind völlig normal – hier handelt es sich nicht um eine Augenerkrankung.
Natürliche Umfärbung der Iris beim Habicht und Sperber
Es ist bei vielen Greifvogelarten bekannt, dass die Augenfarbe sich im Laufe des Lebens ändert. Einige Greifvögel besitzen als Nestlinge grau-blaue Augen, welche sich dann später in gelb oder hellbraun bis dunkelbraun umfärben. Bei Sperber und Habicht weiß man, dass die Augenfarbe sich im Alter nochmals weiter umfärbt und von gelb bis orange bis rot-orange. In welchem Alter das gewöhnlich geschieht, kann man nicht genau sagen, denn dies ist individuell von Tier zu Tier. Es handelt sich um keine Krankheit.
Abweichende Augenfarbe dokumentiert?
Im März 2012 konnten wir bei einem eingelieferten Traumapatienten diese Augenfarbe feststellen. Normalerweise zeigen Sperber eine gelbe bis orangefarbene Augenfarbe. Dieses Tier (adultes Sperbermännchen) zeigte eine interessante Pigmentierung beider Augen, welche wir hier dokumentieren konnten.
Möglicherweise handelte es sich bei dem dokumentierten Sperber um ein besonders altes Exemplar.
Augenfarbe eines Sperbers
In dem Buch "Der Steinkauz" konnte ich ein Foto von W. Scherzinger sehen, auf dem ein älterer Steinkauz abgebildet war. Dieser zeigte eine ähnliche Irispigmentierung wie bei dem o. g. Sperber. Zur Erklärung soll bei älteren Steinkäuzen die Irispigmentierung zerfallen, und es kommt zu einer Aberration "Chiaradiae" – einer dunkelbraunen Iris. Ein weiteres Bild stellte uns Herr P. J. Müller zur Verfügung, denn hier konnte die Iris gut dokumentiert werden, das Alter des Steinkauzes war genau bekannt.
Untersuchungsgeräte in der Tiermedizin für Augenuntersuchungen
- Spaltlampenbiomikroskopie
- Ophthalmoskopie mit indirektem/direktem Ophthalmoskop
- Tonometrie mittels Tono-Pen